Myelodysplastische Syndrome (MDS)
Myelodysplastische Syndrome, kurz MDS, sind Erkrankungen des Knochenmarks, bei denen zu wenig funktionsfähige Blutzellen gebildet werden. MDS gehören zu den häufigsten bösartigen Bluterkrankungen im Erwachsenenalter.
MDS zeichnen sich durch einen Mangel an roten Blutkörperchen, Erythrozyten, weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten) aus. Diese drei Zellarten entwickeln sich normalerweise aus Blutstammzellen im Knochenmark. Bei MDS ist dieser Hämatopoese genannte Prozess jedoch gestört. Das hat verschiedene Konsequenzen. So kann es vorkommen, dass die Stammzellen nicht mehr komplett ausreifen oder eine verkürzte Lebensdauer aufweisen. Eine weitere mögliche Folge der gestörten Hämatopoese ist, dass die reifen Blutzellen nicht funktionsfähig sind oder in zu geringer Anzahl gebildet werden.
Prinzipiell kann jede Altersgruppe an MDS erkranken. Allerdings haben ältere Menschen ein höheres Risiko. Entsprechend ist die Mehrheit der Patient:innen über sechzig Jahre alt.
Am Robert Bosch Krankenhaus bestehen langjährige und umfangreiche Erfahrungen in der Diagnostik und Behandlung bei MDS. Alle modernen Therapieoptionen einschließlich der allogenen Stammzelltransplantation werden vor Ort angeboten.
Viele verschiedene Formen von MDS
Myelodysplastische Syndrome sind äußerst heterogen: Sie treten in vielen verschiedenen Formen auf, die sich in ihrem Verlauf, dem Ansprechen auf die Behandlung und damit der Prognose erheblich unterscheiden. Deshalb wurden Systeme zur Ermittlung des jeweiligen Risikos der Patient:innen etabliert. Sie erfassen eine ganze Reihe von Parametern, anhand derer ein sogenannter Score ermittelt wird. Mittels diesem lässt sich dann festlegen, welche Therapien für die jeweilige Patientin:den jeweiligen Patienten infrage kommen.
Patient:innen, für die ein niedriges Risiko identifiziert wurde, haben meist einen leichten Krankheitsverlauf. Bei Hochrisikopatient:innen schreiten MDS schneller fort, was eine intensivere Therapie erforderlich macht. Zudem ist hier das Risiko des Überganges in eine akute Leukämie am höchsten. In unserer Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin verfügen wir über die entsprechende Expertise Betroffene individuell, je nach Grad der Erkrankung, zu therapieren.
MDS entstehen durch bösartige, genetische Veränderungen – sogenannten Mutationen – der blutbildenden Zellen im Knochenmark. Diese sind nicht angeboren, sondern werden im Laufe des Lebens erworben. Als Risikofaktoren wurden unter anderem ionisierende Strahlung sowie bestimmte Zytostatika identifiziert.
Die bei MDS auftretenden Beschwerden gehen auf den Mangel an reifen und gesunden Blutzellen zurück.
Der Mangel an roten Blutkörperchen, die Anämie, zeigt sich durch Blässe, Müdigkeit, herabgesetzte Leistungsfähigkeit und Atemnot unter körperlicher Belastung. Mitunter haben die Betroffenen zudem einen beschleunigten Puls, Schwindel und Kopfschmerzen.
Durch die Verminderung der weißen Blutkörperchen, der Leukopenie, kommt es zu einer deutlich erhöhten Infektionsanfälligkeit.
Der Mangel an Blutplättchen, die Thrombopenie, führt zu punktförmigen kleinen Hautblutungen, sogenannten Petechien und erhöht die Neigung zu blauen Flecken sowie Nasenbluten. Charakteristisch für eine Thrombopenie sind darüber hinaus Gerinnungsstörungen und bei Frauen eine stärkere, verlängerte Menstruation.
Untersuchungen beim myelodysplastischen Syndrom
Die Diagnosestellung erfordert umfassende Blut- und Knochenmarkanalysen. Ein mikroskopisches Differenzialblutbild liefert uns Informationen über die Anzahl, Form und Größe der Blutzellen. Im nächsten Schritt führen wir eine Knochenmarkpunktion unter örtlicher Narkose durch. Die entnommene Knochenmarkprobe wird anschließend eingehend molekularbiologisch im Labor untersucht. Dabei interessieren wir uns besonders für die genetischen Veränderungen und äußere Erscheinung der erkrankten Blutzellen. Denn anhand dessen können wir die vorliegende Form der MDS besser bestimmen.
Behandlungen beim myelodysplastischen Syndrom
Rein medikamentös können myelodysplastische Syndrome bislang nicht geheilt werden. Die Therapie zielt daher darauf ab, die Beschwerden und damit die Lebensqualität der Patient:innen zu verbessern, und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
Welche Therapiemethoden im Einzelnen zum Einsatz kommen, ist abhängig von der Form des MDS und von der Verfassung der Patientin:des Patienten. Besteht nur ein geringes Risiko, kann man oftmals nach dem Prinzip watch and wait vorgehen. Das bedeutet, dass bei den Betroffenen engmaschige Blutuntersuchungen und Kontrollen durchgeführt werden, und auf eine Behandlung erst einmal verzichtet wird.
Bei der MDS-Behandlung spielen unterstützende – supportive – Maßnahmen eine wichtige Rolle. Mit ihnen sollen die erkrankungsbedingten Beschwerden gemanagt und deren Auswirkungen vorgebeugt werden. Zur supportiven Therapie gehören unter anderem Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten zur Behandlung einer Anämie (Blutarmut). Thrombozytenkonzentrate werden zur Prävention und Behandlung von Blutungen eingesetzt. Eine antibiotische Therapie zielt auf die durch die Leukopenie verursachte Immunschwäche ab.
Ist bei einem MDS eine Chemotherapie notwendig, wird hauptsächlich Azacitidin eingesetzt – ein Medikament, welches wie Insulin in das Unterhautfettgewebe gespritzt wird und gut verträglich ist. Damit können die Blutwerte verbessert und so die Transfusionshäufigkeit gesenkt werden. Auch das Überleben kann mit dieser Therapie verlängert werden.
Die derzeit einzige Behandlung, mit der MDS tatsächlich geheilt werden können, ist eine Stammzelltransplantation. Da es sich dabei um eine sehr intensive und belastende Therapie handelt, sollte diese Option sorgfältig abgewogen werden.
Zentrum für Stammzell- und Knochenmarktransplantation
Das Zentrum für Stammzell- und Knochenmarktransplantation am Robert Bosch Krankenhaus ist das einzige nach europäischen Richtlinien (JACIE) zertifizierte Zentrum in Stuttgart. Seit vielen Jahren werden hier autologe und allogene Stammzelltransplantationen in zertifizierter Qualität durchgeführt.
Psychoonkologie: Hilfe für Krebskranke und Angehörige
Die Diagnose Krebs stellt einen tiefen Einschnitt in das Leben dar. Der Psychoonkologische Dienst bietet Betroffenen in der Zeit von Diagnose und Behandlung im Robert Bosch Krankenhaus individuelle Unterstützung an.
Seelsorge: Zuhören, Unterstützen, Begleiten
Eine Krebserkrankung ist für die Betroffenen und ihre Angehörigen sehr belastend und mit vielen Ängsten und Sorgen verbunden. Die Krankenhausseelsorge steht Ihnen unabhängig von Glaube und Konfession zur Seite.
LINA – ein Beratungsangebot
Jungen Erwachsenen mit der Diagnose Krebs bieten wir mit dem Beratungsangebot Hilfe bei sozialrechtlichen Themen wie Krankengeld oder Haushaltshilfe sowie emotionale Unterstützung.
Naturheilkunde und Integrative Medizin
Das Robert Bosch Krankenhaus verfolgt den Ansatz der Integrativen Onkologie, die konventionelle Medizin, wissenschaftlich geprüfte Naturheilkunde und Mind-Body-Medizin kombiniert. Nebenwirkungen der Krebstherapie können mit naturheilkundlichen Behandlungen abgemildert werden.