Chronische Nierenerkrankung (CKD), Chronische Niereninsuffizienz
Die Nieren sind lebenswichtige Organe. Sie reinigen das Blut von giftigen Stoffwechselprodukten und haben darüber hinaus wichtige Regelfunktionen im Organismus: Sie regulieren den Flüssigkeitshaushalt, den Säure-Basenhaushalt und den Mineralstoffhaushalt.
Außerdem sind sie Produktionsstätte vieler Hormone, wie dem Erythropoetin (bekannt als Epo), das die Produktion roter Blutkörperchen ankurbelt, und verschiedener blutdruckregulierender Hormone. Versagen die Nieren, kommt es nicht „nur“ zu Vergiftungserscheinungen, sondern der ganze Organismus gerät aus dem Takt.
Bei einer chronischen Nierenerkrankung (Chronic Kidney Disease, kurz CKD) nimmt die Nierenfunktion meistens langsam und schleichend ab, was viele Betroffene oft über eine lange Zeit gar nicht bemerken.
Vordergründig in der Behandlung gilt, das Voranschreiten der Erkrankung zu verzögern und neben der Grunderkrankung auch eventuell bestehende Begleiterkrankungen zu berücksichtigen. Die Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie des Robert Bosch Krankenhauses ist in der Behandlung dieses komplexen Krankheitsbilds spezialisiert. Sind bereits Folgeschäden an anderen Organen aufgetreten, erfordert dies eine enge Zusammenarbeitet mehrerer Fachdisziplinen, was durch das umfassende Leistungsangebot und den ganzheitlichen Therapieansatz im Robert Bosch Krankenhaus gewährleistet ist.
Die häufigsten Ursachen für die chronische Nierenschädigung sind (in abnehmender Häufigkeit):
- Diabetes mellitus und Bluthochdruck (zusammen sind diese Volkskrankheiten für weit über die Hälfte aller Fälle von chronischer Niereninsuffizienz verantwortlich)
- Glomerulonephritis (spezielle Form der Nierenentzündung),
- sogenannte immunologische Systemerkrankungen (z. B. wie Lupus erythematodes, Vaskulitiden etc.)
- angeborene Zystennieren und andere angeborene Nierenkrankheiten
- chronischer Schmerzmittelübergebrauch (heutzutage selten geworden).
Ein schlecht eingestellter Blutzucker und zu hohe Blutdruckwerte führen mittel- und langfristig zu gravierenden Schäden an den Nieren. Wichtig ist daher, diese beiden Grunderkrankungen frühzeitig und konsequent zu behandeln. Betroffene sollten die Therapieanweisungen der Hausärztin:des Hausarztes streng befolgen, um ihre Nieren zu schützen.
Wenig bekannt ist auch, dass Schmerzmittel, insbesondere sogenannte nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) – dazu gehören die Wirkstoffe Diclofenac und Ibuprofen – an die Nieren gehen, wenn sie zu häufig eingenommen werden. Wer chronische Schmerzen hat, sollte sich von der Hausärztin:vom Hausarzt „nierenschonende“ Alternativen verschreiben lassen.
In vielen Fällen suchen Patient:innen erst eine Fachärztin:einen Facharzt für Nephrologie auf, wenn sie bereits ernste Symptome wie Übelkeit, Müdigkeit, Wassereinlagerungen oder starke Kopfschmerzen haben. Allerdings ist dann häufig schon ein Großteil der Nierenfunktion irreparabel eingebüßt und eine Nierenersatztherapie (Dialyse oder Transplantation) wird bald erforderlich.
Wenn die Nieren ihren Dienst versagen, kommt es nicht nur zur Überwässerung und Vergiftungserscheinungen, sondern zu zahlreichen Begleiterscheinungen. Diese sind u. a.:
- Vitamin D-Mangel, da gesunde Nieren aktiviertes Vitamin D (Calcitriol) bilden. Der Calcitriol-Mangel führt zur Mineralstoffstörungen, die zu Knochenkomplikationen und Gefäßverkalkungen führen.
- Verminderte Ausscheidung von Phosphat – dies trägt neben dem Vitamin D-Mangel zu Knochenkomplikationen und zur Gefäßverkalkung bei.
- Verminderte Bildung von Erythropoetin („Epo“). Dadurch kommt es zur Blutarmut.
- Übersäuerung des Bluts, denn die Nieren schaffen es nicht mehr, den Blut-pH-Wert konstant zu halten.
- Unzureichende Kaliumausscheidung, was zu Herzproblemen führen kann.
- Blutdruckanstieg, da die Nieren auch den Blutdruck-Regelkreis (das sogenannte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) steuern.
All diese Begleitkomplikationen haben wir im Blick und passen Ihre Therapie entsprechend an. Bei Bedarf beziehen wir die Spezialist:innen anderer Abteilungen des Robert Bosch Krankenhauses wie die Abteilung für Kardiologie und Angiologie eng in die Behandlung mit ein.
Untersuchungen bei einer chronischen Nierenerkrankung
Wichtig für die rechtzeitige Diagnose einer chronischen Nierenerkrankung (CKD) sind Laborbefunde. Zudem nehmen wir Ultraschalluntersuchungen und Gewebeproben vor.
Die Niereninsuffizienz wird nach ihrem Schweregrad in fünf Stadien eingeteilt. Je höher das Stadium, umso fortgeschrittener ist die Erkrankung. Im Spätstadium 5 (weniger als 15 Prozent der normalen Nierenfunktion) wird in der Regel die künstliche Blutwäsche (Dialyse) erforderlich.
Man geht davon aus, dass etwa jeder zehnte Erwachsene von einer chronischen Nierenerkrankung betroffen ist, aber die meisten haben nur eine leichtgradige Nierenfunktionseinschränkung. In Deutschland sind schätzungsweise 80.000 Menschen an der Dialyse, gut 20.000 Patient:innen haben ein Spenderorgan erhalten und befinden sich in der Transplantationsnachsorge.
Wichtigster Wert ist die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) – so benannt nach den anatomisch kleinsten Filtereinheiten der Niere, den Glomerula. Die GFR zeigt an, wie gut die Nieren noch filtern. Sind die Nieren geschädigt, scheiden sie harnpflichtige Stoffe, also giftige Stoffwechselprodukte, nicht aus, entsorgen aber mitunter „wertvolle“ Stoffe, die normalerweise vom Körper recycled werden, wie beispielsweise Eiweiß. Bei Verdacht auf eine Nierenerkrankung wird daher der Urin auf ein bestimmtes Eiweiß (Albumin) untersucht. Neben der Diagnosesicherung hat dieser Wert auch eine prognostische Bedeutung: Bei Patient:innen mit einer eingeschränkten GFR, die auch Albumin im Urin aufweisen, schreitet die Nierenerkrankung schneller voran.
Ein weiterer „Nierenwert“ ist das Kreatinin, ein Endprodukt des Muskelstoffwechsels. Steigt die Kreatinin-Konzentration im Blut, ist das ein Anzeichen dafür, dass bereits eine fortgeschrittene Nierenerkrankung vorliegt, denn gesunde Nieren scheiden das Kreatinin aus. Allerdings ist der Kreatininwert im Blut bei älteren Menschen mit wenig Muskelmasse kein zuverlässiger Frühmarker: Es steigt bei ihnen erst in den Spätphasen der Nierenerkrankung.
Außerdem nehmen wir bei einer eingeschränkten Nierenfunktion auch eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) vor, um festzustellen, ob es „mechanische“ Ursachen für die eingeschränkte Nierenfunktion gibt, wie beispielsweise eine Verengung der Nierenarterie (Nierenarterienstenose) oder Zystennieren.
Kann keine „sichtbare“ Ursache gefunden werden, wird unter Umständen eine Nierenpunktion durchgeführt, das heißt es wird eine Gewebeprobe aus der Niere entnommen und feingeweblich untersucht. Das ermöglicht beispielsweise die sichere Diagnose von Entzündungen der Nierenkörperchen (Glomerulonephritis) oder weiterer seltener Nierenerkrankungen. Wir am Robert Bosch Krankenhaus führen Nierenbiopsien ultraschallgesteuert unter lokaler Betäubung durch, wodurch Fehlpunktionen verhindert werden und wenig Komplikationen auftreten.
Behandlung einer chronischen Nierenerkrankung
Die Therapie der verschiedenen Stadien der chronischen Nierenerkrankung erfolgt nach speziell zugeschnittenen Behandlungskonzepten.
In den Stadien 1 bis 4 der chronischen Nierenerkrankung ist es das oberste Therapieziel, das Fortschreiten zu verlangsamen und die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie möglichst lange abzuwenden.
Wichtig ist dafür die Einstellung des Blutdrucks und des Blutzuckers.
Einige Blutdrucksenker sind auch unabhängig von ihrer Wirkung auf den Blutdruck nierenschützend und werden daher Patient:innen mit mittelgradiger Nierenfunktionseinschränkung verschrieben (sogenannte ACE-Hemmer und AT1-Rezeptor-Blocker, zukünftig vermutlich SGLT2-Hemmer). Es ist wichtig, dass die Patientin:der Patient die Medikamente regelmäßig einnimmt. Die Patientin:der Patient kann zusätzlich durch Lebensstil Einfluss auf ihre:seine Nierengesundheit nehmen und den Nierenfunktionsverlust verlangsamen: Bewegung, frische, gesunde Ernährung, Gewichtsreduktion bei Übergewicht und Nichtrauchen schützen die Gefäße – und damit auch die Nieren.
Ist die Nierenfunktion so stark eingeschränkt, dass sich bereits Symptome einstellen, wird eine Nierenersatztherapie erforderlich. Die Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie des Robert Bosch Krankenhaus verfügt über ein breites Fachwissen und langjährige Erfahrung in Nierenersatztherapien, sämtliche Dialyseverfahren stehen zur Verfügung.