Trichterbrust
Als Trichterbrust (Pectus excavatum) bezeichnet man eine angeborene Fehlbildung des vorderen Brustkorbs: Das Brustbein und die umliegenden Bereiche sehen aus wie nach innen gezogen – die Brustwand hat die Form eines Trichters.
Bedingt ist diese Deformation durch Veränderungen der Knorpelverbindung an Brustbein und Rippen. Die Trichterbrust tritt familiär gehäuft auf und kommt bei Jungen häufiger vor als bei Mädchen (3:1). Sie ist meist schon beim Kleinkind sichtbar und prägt sich während des Wachstums in der Pubertät deutlicher aus. Die Verformung des Brustbeins kann auch mit anderen angeborenen Erkrankungen wie Marfan-Syndrom, Ehrlers-Danlos-Syndrom oder Poland-Syndrom zusammen auftreten. Therapiert wird die Trichterbrust von den Expert:innen der Abteilung für Thoraxchirurgie am Robert Bosch Krankenhaus. Die Trichterbrust behandeln wir bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Muss eine Trichterbrust behandelt werden?
Die Trichterbrust ist eine angeborene Verformung des Brustkorbs. Priv.-Doz. Dr. Gerhard Preissler, Chefarzt der Abteilung für Thoraxchirurgie am RBK Lungenzentrum Stuttgart, erklärt wann eine operative Korrektur nötig ist.
Eine Trichterbrust entsteht durch eine angeborene Fehlbildung des Brustkorbs. Häufig ist die Erkrankung erblich bedingt.
Das nach innen gerichtete Brustbein kann Druck auf lebenswichtige Organe des Brustkorbs ausüben, was zur Einschränkung des Organwachstums und zu Kurzatmigkeit führt. Heranwachsende sind oft zunächst beschwerdefrei, da ihr Brustkorb noch dehnbar und elastisch ist und sich die Organe an die Verformung des Brustkorbs anpassen können. Die Einengung des Brustraumes kann aber langfristig zu Herz- und Atembeschwerden und deshalb zur Minderung der Leistungsfähigkeit führen. Auch Rückenbeschwerden durch Fehlbelastung und vorzeitiger Verschleiß der Wirbelsäule sind nicht selten, zumal die Trichterbrust häufig auch mit einer skoliotischen Fehlstellung verbunden ist. Die Betroffenen leiden daher teilweise erheblich, vor allem bei körperlicher Belastung (Sport).
Häufige Symptome sind: unangemessener Pulsanstieg, Herzrasen oder Herzstolpern (Rhythmusstörungen), Kurzatmigkeit, geringe Leistungsfähigkeit.
Nicht zu unterschätzen sind auch die möglichen psychischen Folgen: Viele Jugendliche mit Trichterbrust leiden unter ihrem Aussehen, fühlen sich dadurch benachteiligt und in ihrem Selbstwertgefühl beeinträchtigt. Die Jugendlichen versuchen oft, durch gekrümmte Haltung die Deformität vor der Umwelt zu verbergen. Dies verstärkt den Haltungsschaden zusätzlich.
Untersuchungen bei einer Trichterbrust
Bei der Diagnostik geht es zunächst darum, die Ausprägung der Trichterbrust zu bestimmen und bereits bestehende Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems zu erfassen. Röntgenaufnahmen und Schnittbilduntersuchungen (Computertomografie und Magnetresonanztomografie) erlauben es, die Tiefe des Trichters und damit die Ausprägung der Deformation objektiv zu erfassen. Als Maß gilt der sogenannte Haller-Index (= weitester Abstand zwischen rechten und linken Rippen geteilt durch kleinsten Abstand zwischen Brustbein und Wirbelsäule). Je höher der gemessene Haller-Index, desto ausgeprägter ist die Trichterbrust. Bei Gesunden liegt er bei etwa 2,5. Als eindeutig pathologisch gilt ein Haller-Index größer 3,2.
Mittels Lungenfunktionsprüfungen (Spirometrie) in Ruhe und unter Belastung klären wir in unserem großen Lungenfunktionslabor ab, ob und in welchem Ausmaß die Lungenkapazität verringert ist. Eine mögliche Beeinträchtigung des Herzens, insbesondere der rechten Herzkammer, kann durch eine Ultraschalluntersuchung festgestellt werden. Da die Beschwerden der Patient:innen vor allem bei körperlicher Belastung auftreten, kann zur genaueren Diagnose eine Stress-Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung des Herzens beim Radfahren auf dem Standfahrrad) sinnvoll sein. Neben der Herzkompression kann auch eine gestörte Funktion der Herzklappen (Mitral- und Trikuspidalvitien) vorliegen. Auch Herzrhythmusstörungen können auftreten. Daher ist auch ein EKG bzw. Belastungs-EKG bei Symptomen wie Herzstolpern hilfreich. Für die OP-Vorbereitung wird auch ein Allergietest benötigt, da die implantierten Stahlbügel Nickel und Chrom enthalten. Im Falle einer Allergie kann dann eine Speziallegierung verwendet werden.
Wann sollte eine Trichterbrust behandelt werden?
Eine medizinische Indikation für die Operation der Trichterbrust ist gegeben, wenn die Brustwanddeformität bereits zu einer körperlichen und/oder psychischen Erkrankung geführt hat oder wenn im weiteren Laufe des Lebens eine schwere Beeinträchtigung (z. B. Herzerkrankung) sehr wahrscheinlich ist. Der optimale Zeitpunkt ist nach Abschluss des Längenwachstums gegeben. Andererseits besteht aber auch keine absolute Altersgrenze für eine Trichterbrustkorrektur. Eingriffe für solche Brustwandkorrekturen sind auch noch bei Erwachsenen bis ins vierte Lebensjahrzehnt durchaus möglich.
Operation einer Trichterbrust
Die operative Korrektur einer Trichterbrust am RBK Lungenzentrum Stuttgart des Robert Bosch Krankenhauses erfolgt meist minimalinvasiv nach der NUSS-Methode. Bei dieser Operationsmethode (Entwickler: Dr. Donald Nuss) werden die verformten Rippenknorpel ohne direkte Freilegung mittels einer kräftigen Metallplatte (Pectus Bar) angehoben, die zwischen den Rippenbögen und unter dem Brustbein implantiert wird. Da die Trichterbrust ganz unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann, wird für jede Patientin:jeden Patienten ein passender Bügel individuell während der Operation angeformt. Als Zugang genügen zwei kleine Schnitte an der seitlichen Brustwand. Die Implantation erfolgt dann in minimalinvasiver Technik mithilfe des Videothorakoskopes. Damit sich der Bügel nicht verdreht, wird an einem Ende eine kleine Querplatte als Stabilisator aufgesteckt. Für die Implantation ist eine Vollnarkose notwendig.
Unmittelbar nach Implantation ist das Brustbein dann komplett aufgerichtet und der Trichter verschwunden. Manchmal muss zu einer besseren Stabilisierung noch ein zweiter Bügel eingesetzt werden. Die Implantate werden nach drei Jahren wieder entfernt, wenn das Brustbein die neue Form übernommen hat. In der Regel bleibt die Patientin:der Patient vier bis fünf Tage im Krankenhaus und kann vier Wochen nach der OP die täglichen Aktivitäten wieder uneingeschränkt ausüben (mit Ausnahme von Kontaktsport etc.).
Durch die Aufrichtung des Brustbeins und der Rippen entsteht mehr Platz im Brustkorb. Nach Entfernung der Trichterbrust werden Herz und Lunge nicht mehr verdrängt und eine normal ausgeprägte Herz- und Lungenfunktion ist möglich. Auch Folgeschäden aufgrund von Fehlbelastungen lassen sich so vermeiden und die psychosoziale Entwicklung Heranwachsender verbessert sich deutlich.
Eine Einschränkung von Mobilität und Bewegung ist aufgrund der Implantate nicht erforderlich. In den ersten drei Monaten sollte jedoch ein schmerzadaptierter Bewegungsaufbau erfolgen. Belastungen des Brustkorbes und des Schultergürtels sind für die Dauer von sechs Monaten vollständig zu vermeiden, auf Extremsportarten, insbesondere mit Körperkontakt, bis zur Entfernung der Bügel, also in der Regel drei Jahre, ist zu verzichten.
Krankengymnastik, Schwimmen, Joggen, Kräftigung der Rückenmuskulatur, der Bauchmuskulatur, des Schultergürtels und der Brustmuskulatur können das Allgemeinbefinden verbessern, die Leistungsfähigkeit steigern und mögliche Beschwerden lindern.