Erkrankungen und Verletzungen der Schulter (Schulterchirurgie)
Ebenso wie die Hüft- und Kniegelenke sind auch die Schultergelenke aufgrund ihres Aufbaus und ihrer anatomischen Lage hohen Belastungen ausgesetzt. Erkrankungen und Verletzungen treten hier allerdings seltener auf als im Knie- und Hüftgelenksbereich.
Das Schultergelenk ist das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers – und das komplizierteste. Die Behandlung von Schultererkrankungen erfordert daher eine hohe Fachkompetenz und langjährige Erfahrung und sollte in spezialisierten Kliniken wie der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie am Robert Bosch Krankenhaus erfolgen.
Untersuchungen bei Erkrankungen der Schulter
Um Verletzungen und Erkrankungen der Schulter zu diagnostizieren, stehen der modernen Orthopädie viele verschiedene Methoden zur Verfügung.
Bei den bildgebenden Verfahren steht an erster Stelle die konventionelle Röntgenuntersuchung. Häufig werden auch Ultraschalluntersuchungen (Sonografien) durchgeführt.
Da es an der Schulter neben Knochenverletzungen häufig zu Weichteilverletzungen an Bändern, Sehnen und Knorpeln kommt, ist die Kernspinn- oder Magnetresonanztomografie (MRT) ein unverzichtbares Diagnoseverfahren. Für spezielle Fragestellungen wird diese als indirekte oder direkte MR-Arthrografie durchgeführt, das heißt unter Verwendung von Kontrastmittel. Bei der indirekten MR-Arthrografie wird das Kontrastmittel in die Vene appliziert und verteilt sich so in die gewünschten Strukturen. Bei der direkten MR-Arthorgrafie wird das Kontrastmittel nach Punktion direkt in das Gelenk gespritzt. Die radiologisch bildgebende Diagnostik erfolgt durch die Abteilung für Radiologie und Nuklearmedizin am Robert Bosch Krankenhaus.
Bei manchen Beschwerdebildern und Fragestellungen werden diagnostische Infiltrationen durchgeführt. Dabei wird ein lokal wirksames Betäubungsmittel in die zu untersuchende Region der Schulter injiziert.
Ein wichtiges Verfahren ist auch die Gelenkspiegelung, die sogenannte Arthroskopie. Hierbei können die erhobenen Befunde überprüft werden sowie zusätzlich, wenn nötig, Gewebeproben (Biopsien) entnommen werden, die dann anschließend durch die Abteilung für Pathologie feingeweblich (histologisch) untersucht werden. Eine Arthroskopie aus rein diagnostischen Gründen ist allerdings nur sehr selten notwendig. In aller Regel wird im Rahmen der operativen Arthroskopie das, durch oben genannte Methoden identifizierte Problem, auch gleich gelöst.
Degenerative Erkrankungen des Schultergelenks
Nachfolgend finden Sie die häufigsten degenerativen Erkrankungen an der Schulter und deren Therapie aufgeführt.
Schulterarthrose
Wie bei Arthrosen an anderen Gelenken wird der Knorpel des Schultergelenks sukzessive abgerieben. Mit zunehmendem Verlust der Knorpelschicht verändern sich auch die Knochen und die Weichteilstrukturen.
Die degenerativen Veränderungen am Schultergelenk führen zu starken Schmerzen im Schulterbereich. Patient:innen berichten anfangs von Schmerzen bei Bewegung, im weiteren Verlauf der Schulterarthrose dann auch in Ruhe und im Liegen. Charakteristisch ist, dass die Schmerzen von der erkrankten Schulter in den entsprechenden Arm und Rücken ausstrahlen.
In frühen Stadien lassen sich die Beschwerden vielfach noch medikamentös und physiotherapeutisch managen. Doch die Schulterarthrose schreitet in den meisten Fällen stetig weiter fort und dann greifen solche konservative Therapiemaßnahmen oft nicht mehr. Irgendwann sind die Gelenkfunktionen so stark reduziert und die Beschwerden so ausgeprägt, dass ein Ersatz des Schultergelenks erforderlich wird.
Mehr erfahren zum Ersatz des Schultergelenks (Schulterendoprothetik)
Engpasssyndrom (Impingement-Syndrom)
Das Engpasssyndrom, medizinisch Impingement-Syndrom genannt, entsteht aufgrund einer Enge im Zwischenraum zwischen Oberarmkopf und Schulterdach. Durch diesen Engpass werden die Sehnen der Rotatorenmanschette bei Bewegungen zwischen dem Schulterdachknochen und dem Oberarmkopf eingeklemmt.
In der Anfangsphase treten meist bewegungsabhängige Schmerzen bei Abspreizbewegungen des Armes auf. Auch das Anheben von Gegenständen oder Gewichten am ausgestreckten Arm ist für die Betroffenen schmerzhaft. In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankungen kann es auch zu Schulterschmerzen in Ruhe kommen.
Sind die Beschwerden noch gering ausgeprägt, können sie durch physiotherapeutische Maßnahmen und die Einnahme entzündungshemmender Medikamente meist vollständig beseitigt werden.
Bei stärkeren Beschwerden oder Schäden wie beispielsweise knöchernen Veränderungen im Schultergelenk, sollten die strukturellen Ursachen arthroskopisch durch Abfräsen entfernt werden.
Für den Eingriff nehmen wir Sie ein bis zwei Tage stationär im Robert Bosch Krankenhaus auf. Danach erhalten Sie für rund sechs Wochen krankengymnastische Behandlungen. Im Anschluss daran können Sie den Arm der operierten Schulter in der Regel wieder ohne Einschränkungen belasten.
Kalkschulter
Bei dieser Erkrankung kommt es zu kalkhaltigen Depots – daher auch der Name – in einer der Sehnen der Rotatorenmanschette (RM). In der überwiegenden Zahl der Fälle ist davon die Supraspinatus-Sehne betroffen. Was zu den Verkalkungen führt, ist bislang nicht bekannt. Meistens verursachen die Kalkdepots keine Schmerzen und sind ein Zufallsbefund, wenn aus anderen Gründen ein Röntgenbild der Schulter angefertigt wird.
Die abgelagerten Kalkherde verursachen heftig starke Schmerzen in der erkrankten Schulter; nicht nur bei Bewegung, sondern auch in Ruhe und nachts.
Bei akuten Schmerzen können entzündungshemmende Substanzen (Kortison) und Lokalanästhetika, die unter das Schulterdach injiziert werden, zur raschen und spürbaren Linderung der Beschwerden führen. Diese ist jedoch nur vorübergehend und zeitlich befristet. Prinzipiell erfolgt zunächst eine konservative Therapie mit Physiotherapie, gegebenenfalls auch eine Stoßwellenbehandlung. In einigen Fällen entleert sich das Kalkdepot aus der Sehne von selbst und führt damit zu einer Beschwerdefreiheit.
Falls die konservative Therapie nicht anhaltend zu einer Beschwerdelinderung führt, ist eine operative Entfernung des Kalkherds möglich. Dabei entfernen wir den Kalkherd arthroskopisch. Bei dem Eingriff wird das Kalkdepot zunächst aufgesucht, indem man mit einer Nadelspitze die Rotatorenmanschette gewissermaßen „abtastet“. Dann wird die Sehne in Faserrichtung eröffnet. Nun können die Kalkablagerungen mit kleinen Instrumenten mechanisch ausgeräumt werden. Abschließend wird die Region gründlich mit Flüssigkeit gespült, um auch letzte winzige Kalkpartikel vollständig zu entfernen.
Für den Eingriff werden Sie ein bis zwei Tage stationär im Robert Bosch Krankenhaus aufgenommen. Sofort nach der Operation beginnen wir mit der Nachbehandlung mit funktionellen physiotherapeutischen Übungen. Nach vier bis sechs Wochen können Sie den Arm der operierten Schulter wieder wie gewohnt belasten.
Rupturen der Rotatorenmanschette
Die Sehnen der Rotatorenmanschette sind durch ihre anatomische Lage anfälliger für Schädigungen als andere Strukturen im Schulterbereich. So kann es zu Teilrissen oder kompletten Abrissen der Sehnen kommen.
Die Rupturen verursachen teilweise starke Schmerzen in Schulter und Oberarm, die bis in den Ellenbogen und Unterarm ausstrahlen können. Weiterhin typisch sind eine stark eingeschränkte Beweglichkeit (mitunter sogar Bewegungsunfähigkeit) und eine deutliche Kraftminderung am Arm der erkrankten Schulter.
Zur operativen Rekonstruktion der Ruptur kommen je nach Lokalisation und Ausmaß des Risses unterschiedliche Verfahren zum Einsatz.
Bei einer nicht zu starken Schädigung kann eine Sehnennaht durchgeführt werden. Dabei nähen wir die gerissenen Sehnenanteile zusammen und befestigen sie mittels sogenannter Fadenanker wieder am Oberarmkopf. Wie viele dieser Fadenanker zum kompletten Verschluss der Ruptur erforderlich sind, hängt von deren Größe ab. Sind die strukturellen Schäden sehr ausgedehnt und weit vorgeschritten, kann ein Sehnentransfer erforderlich sein. Dabei versetzt man intakte Sehnen aus dem Schulterbereich an die Stelle der defekten Sehne.
Die Rekonstruktion ist üblicherweise mit einem stationären Aufenthalt von etwa drei Tagen verbunden. Zur Stabilisierung der Schulter erhalten Sie eine abnehmbare Bandage, die über vier bis sechs Wochen hinweg zu tragen ist. Nach vier bis fünf Monaten, in denen regelmäßig Krankengymnastik durchgeführt wird, können Sie die Schulter wieder voll belasten.
Risse der langen Bizepssehne
Bei degenerativen Veränderungen oder einem Riss der langen Bizepssehne kommt es zu Schmerzen im Bereich der Schulter. Bei einem Riss der Sehne können die Schmerzen nach einigen Tagen vollständig zurückgehen. Dann ist keine Therapie erforderlich. Führen jedoch degenerative Veränderungen der Sehne zu den Beschwerden, sollten diese operativ behandelt werden.
Kommt es hingehen zu einem teilweisen Riss der Sehne an ihrem Ursprung an der Gelenklippe führt dies zu chronischen Beschwerden. Solche sogenannten SLAP-Läsionen müssen deshalb operativ behandelt werden.
In einem arthroskopischen Eingriff wird die Bizepssehne mit der zugehörigen Gelenklippe durch Fadenanker wieder befestigt. Bei einer sehr ausgeprägten Schädigung muss eine sogenannte Tenodese durchgeführt werden. Dabei wird die Sehne an ihrem Ursprung an der Gelenkpfanne abgetrennt und am Oberarmkopf verankert.
Frakturen des Schultergelenks (gebrochene Schulter)
Bei Brüchen im Schulterbereich handelt es sich in den meisten Fällen um Verletzungen des Oberarmkopfes, der Schulterpfanne, des Schlüsselbeines oder des Schulterblattes.
Derartige Frakturen sind überaus schmerzhaft und schränken Ihre Bewegungsfreiheit spürbar ein. Daneben leiden die Betroffenen oftmals unter Schwellungen, Blutergüssen und in seltenen Fällen auch lokalen Lähmungserscheinungen.
Bei einfachen Brüchen kann oftmals eine konservative Frakturbehandlung zur erfolgreichen Therapie ausreichen. Instabile oder stark verschobene Frakturen bedürfen dagegen eines operativen Eingriffs, den wir wenn möglich minimalinvasiv durchführen.
Die nicht-operative Behandlung von Knochenbrüchen basiert auf der kurzfristigen Ruhigstellung und Stabilisierung durch Verbände, Bandagen oder Orthesen. Sobald die akuten Schmerzen nachgelassen haben, erfolgt eine krankengymnastische Beübung der Schulter, um Einsteifungen des Gelenks vorzubeugen.
Bei der modernen minimalinvasiven Knochenbruchversorgung kommen spezielle Implantate wie Platten, Schrauben oder Nägel zum Einsatz. Diese Systeme verbinden die einzelnen Bruchstücke und ermöglichen so das natürliche und stabile Zusammenwachsen des Knochens in der richtigen Stellung. Die Implantate zur Überbrückung der Fraktur setzen wir schonend minimalinvasiv über kleine Hautschnitte ein. Heutige Implantatsysteme sind weit fortentwickelt, dass sie selbst in geschwächten oder osteoporotischen Knochen Anwendung finden können. Ziel ist die frühzeitige physiotherapeutische Mobilisation der Schulter. Häufig ist ein stationärer Aufenthalt von nicht länger als zwei bis drei Tagen erforderlich.
Instabilitäten und Luxationen der Schulter
Schulterluxation bezeichnet das Ausrenken oder Auskugeln der Schulter. Dazu kann es in Folge zu einer Instabilität des Schultergelenks kommen. Dabei sind die Kapsel und Bänder zwischen Oberarmkopf und Schultergelenkspfanne gelockert, wodurch das Gelenk nicht mehr stabil geführt wird.
Durch die Instabilität ist das Schultergelenk in seiner Funktion und Beweglichkeit eingeschränkt. Es kommt zu Schmerzen bei Bewegung und mitunter zu Taubheitsgefühlen. Zudem besteht die Gefahr, dass das Gelenk immer wieder luxiert.
Bei einer anhaltenden Instabilität ist eine Stabilisierung des Schultergelenks angezeigt. Dazu stehen der Orthopädie heute verschiedene Verfahren zur Verfügung.
Dabei wird die abgerissene Gelenklippe mit Hilfe von kleinen Fadenankern, ähnlich kleinen Dübeln, wieder an der Schultergelenkspfanne befestigt. Zusätzlich strafft man den überdehnten Kapselbandapparat und führt ihn damit auf seine ursprüngliche, anatomisch korrekte Länge zurück.
Bei ausgedehnteren oder älteren Verletzungen führten wir einen sogenannten Kapselshift durch. Der überdehnte Kapselbandapparat wird dadurch gerafft.
Ist bereits ein erheblicher knöcherner Defekt am Rand der Schultergelenkspfanne eingetreten, wird eine Knochenspanimplantation, auch Knochenblock-Transfer-Operation genannt, durchgeführt.
Dafür entnehmen wir beispielsweise ein Knochenblock vom Beckenkamm und setzen ihn in den Knochendefekt am Pfannenrand. So wird die Kontur und Größe der Gelenkpfanne wiederhergestellt. Eine alternative Möglichkeit besteht darin, einen Knochenblock zusammen mit der Sehne vom sogenannten Rabenschnabelfortsatz der Schulter, dem Processus coracoideus, zu entnehmen und zu versetzen. Dies wird als Operation nach Latarjet bezeichnet – jenem Chirurg, der diese Methode entwickelt hat.
Unabhängig davon, welches Stabilisierungsverfahren angewendet wurde, wird der Arm der operierten Schulter nach dem Eingriff für etwa sechs Wochen in einer abnehmbaren Bandage ruhiggestellt. Damit ist gewährleistet, dass die rekonstruierten Weichteile gut ausheilen.
Parallel dazu erfolgt ein krankengymnastisches Training, um die Belastungs- und Bewegungsfähigkeit des Schultergelenks wiederherzustellen. Nach rund fünf Monaten können Sie die operierte Schulter wieder voll belasten.
Tumore des Schultergelenks
Alle Informationen hierzu finden Sie unter der Rubrik Tumororthopädie
Erkrankungen und Verletzungen von Schulter und Ellenbogen können die Funktionen des Armes erheblich einschränken. Wir behandeln das gesamte Spektrum der Schulter- und Ellbogenerkrankungen individuell, sei es konservativ oder operativ.