Knochen- und Weichteiltumore sowie Metastasen (Tumororthopädie)
Das Leistungsspektrum der Orthopädie umfasst auch die Behandlung von gut- und bösartigen Neubildungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates.
Tumore des Stütz- und Bewegungsapparats können überall im Körper auftreten. Die meisten sind gutartig. Daneben gibt es aber auch maligne, also bösartige Veränderungen des Knochens und der Weichteile. Es handelt sich entweder um sogenannte primäre bösartige Knochentumore, auch Sarkome genannt, oder um sekundäre bösartige Knochentumore, Metastasen.
Gut- und bösartige Knochen- und Weichteiltumore sind sehr selten und ihre Diagnose und Therapie komplex. Die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Tumoren des Stütz- und Bewegungsapparates sollte daher in spezialisierten und großen Krebszentren wie dem Onkologischen Zentrum am Robert Bosch Krankenhaus erfolgen. Hier arbeiten im interdisziplinären Zentrum für Weichteilsarkome, GIST und Knochentumoren die in der Tumororthopädie erfahrenen Spezialist:innen der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie eng zusammen mit den Teams aus Onkologie, Strahlentherapie, Radiologie und Pathologie.
Sarkome gehen von Zellen des Weichteilgewebes oder des Knochens aus und werden abhängig von ihrem Ursprungsort eingeteilt. Entsprechend gibt es viele verschiedene Arten von Sarkomen. Zu den häufigsten Knochensarkomen zählen das Osteosarkom und das Ewing-Sarkom. Das häufigste Knorpelsarkom ist das Chondrosarkom.
Darüber hinaus gibt es eine Gruppe an seltenen bösartigen Veränderungen, die wir als semimaligne bezeichnen. Diese Tumore wachsen zwar lokal aggressiv, bilden selber aber keine Metastasen.
Metastasen sind Tochtergeschwülste, also gewissermaßen Ableger anderer bösartiger Tumore im Knochen. Sie treten häufig als Absiedelung von Lungen-, Brust-, Prostata- Nieren- und Schilddrüsenkrebs auf. Diese Metastasen lassen sich mitunter bereits nachweisen, bevor der Ursprungstumor Beschwerden verursacht und seinerseits erkannt wird.
Untersuchungen bei Knochen- und Weichteiltumoren und Metastasen
Zur Diagnostik setzen wir neben konventionellen Röntgenuntersuchungen und Sonografie (Ultraschall) diverse bildgebende Verfahren ein. Dazu gehören Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT). Um Informationen über die Stoffwechselaktivität und Durchblutung von Organen und Geweben zu erhalten, führen wir gegebenenfalls eine Szintigrafie durch. Dabei handelt es sich um ein Untersuchungsverfahren aus der Nuklearmedizin, bei dem schwach radioaktive Stoffe injiziert werden. Die Strahlenbelastung für die Patient:innen ist gering – ähnlich wie bei Röntgenaufnahmen. In aller Regel muss vor Festlegung der Therapie eine Gewebeprobe entnommen werden. Je nach Art, Lage und Größe führen wir Biopsien über einen kleinen Schnitt oder eine CT-gesteuerte Punktion durch. Wichtig ist eine gute Koordination zwischen Probeentnahme und endgültiger Operation. Im günstigsten Fall wird sie durch dasselbe Team durchgeführt, da der Biopsiekanal bei der definitiven OP mit entfernt werden muss.
Wie es zu Sarkomen kommt, ist nicht genau bekannt. Man konnte jedoch Faktoren identifizieren, die ihre Entstehung zu fördern scheinen. Dazu zählen Strahlentherapie und Asbest-Exposition. Diskutiert werden ferner genetische Ursachen.
Häufig kommt es zu lokalen Schwellungen im Bereich des Sarkoms, die im Anfangsstadium der Erkrankung oftmals keine Schmerzen verursachen. Das macht Sarkome auch so tückisch: Sie werden vielfach erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt. In dieser Phase treten dann zunehmende Schmerzen in der vom Tumor betroffenen Stelle auf – erst nur bei Belastung, später auch in Ruhe. Zudem kann es zu Funktionseinschränkungen an den erkrankten Extremitäten und spontanen Knochenbrüchen ohne äußere Ursache kommen. Diese sogenannten pathologischen Frakturen resultieren aus der Schwächung des Knochens durch das Tumorwachstum.
Interdisziplinäres Tumorboard für eine bestmögliche Therapieentscheidung
In einer wöchentlich stattfindenden gemeinsamen Tumorkonferenz besprechen alle an der Behandlung von Knochen- und Weichteiltumoren und Metastasen beteiligten Abteilungen jede Patientin:jeden Patienten, um dann die im Einzelfall optimale Therapie anhand der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse durchzuführen.
Behandlung von Knochen- und Weichteiltumoren und Metastasen im Allgemeinen
Sofern möglich ist die operative Entfernung, also die Resektion, generell die Therapie der Wahl bei Sarkomen. Je nach Art und Bösartigkeit des Tumors führen wir marginale, radikale oder weite, sogenannte en-bloc-Resektionen, durch. Bei Letzteren entnehmen wir den Tumor mit einer umliegenden Schicht gesunden Gewebes. Die Defekte, die durch die Resektionen im Knochen entstehen, rekonstruieren wir je nach Lage und Größe des Defektes mit autologen (eigener Knochen) oder allogenen (fremder Knochen) Knochentransplantationen. Auch spezielle Tumor-Endoprothesen kommen zum Einsatz. Damit lassen sich die Lücken bzw. Defekte schrittweise überbrücken.
Bei primären bösartigen Weichteil- und Knochensarkomen kommt in aller Regel eine präoperative (neoadjuvante) Chemotherapie zur Anwendung. Hierdurch kann das Risiko der Metastasierung verringert und der Tumor verkleinert werden, um das Ausmaß der Operation zu reduzieren und die Sicherheit zu erhöhen. Dabei richten wir uns nach internationaler Studienlage und Protokollen. Weitere Verfahren zur Therapie von Sarkomen sind die Chemotherapie und Bestrahlung.
...und im Speziellen
Beim Osteosarkom handelt es sich um den häufigsten primären bösartigen Knochentumor: Auf ihn entfallen rund ein Drittel aller Knochensarkome. Osteosarkome sind sehr aggressive Tumoren. Denn sie bilden mit ihren Zellen unreife Knochensubstanzen, mit der sie gesunde Knochen massiv schwächen. Meist treten diese Sarkome an den langen Knochen der Arme und Beine in der Nähe der Gelenke auf, vielfach um das Kniegelenk. Am häufigsten sind Kinder und Jugendliche davon betroffen.
Bei der Mehrheit der Patient:innen lassen sich zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Tochtergeschwülste im gesamten Körper nachweisen. Deshalb ist vor und nach der Resektion eine systemische Chemotherapie nötig, um alle Tumorzellen im Körper abzutöten. Natürlich müssen auch die Tochtergeschwülste operativ entfernt werden. Aus diesen Gründen umfasst die Dauer der gesamten Therapie auch einen vergleichsweise langen Zeitraum von sieben bis acht Monaten.
Dieser primäre bösartige Knochentumor, der ebenfalls hochaggressiv ist, zeichnet sich durch blaue, runde Zellen aus. Er befällt am häufigsten das Becken und den körpernahen Anteil der Oberschenkelknochen. Bei den Betroffenen handelt es sich wie beim Osteosarkom überwiegend um Kinder und Jugendliche – lediglich ein Fünftel der Patient:innen sind im Erwachsenenalter.
Auch beim Ewing-Sarkom haben sich die Tumorzellen zum Diagnosezeitpunkt bereits im gesamten Körper verbreitet, so dass ebenfalls eine systemische Chemotherapie unumgänglich ist. Die Therapie startet mit der Chemotherapie, meist eine Kombination aus mehreren Zytostatika. Anschließend wird die Resektion des Sarkoms durchgeführt. Ob nach der operativen Entfernung eine weitere Chemotherapie nötig ist, hängt vom Anteil der bislang abgetöteten Tumorzellen ab.
Da Ewing-Sarkome oft gut auf eine Strahlentherapie ansprechen, wird diese vor allem bei Befall des Beckens zusätzlich eingesetzt. Zudem erfolgt die Strahlentherapie zur Beseitigung von potentiell bestehenden Metastasen.
Anders als das Osteosarkom und Ewing-Sarkom sind vom Chondrosarkom am häufigsten Erwachsene betroffen: Rund zwei Drittel der Betroffenen sind älter als vierzig Jahre. Dieses Sarkom tritt am häufigsten an den Beckenknochen und an den oberen Anteilen des Oberschenkel- und Oberarmknochens auf. Die meisten Chondrosarkome weisen einen niedrigen Malignitätsgrad auf – sie sind mithin nicht sehr aggressiv.
Da diese Sarkome nicht gut auf eine Chemo- oder Strahlentherapie ansprechen, beschränkt sich die Behandlung auf die operative Resektion.
Nachbehandlung von Sarkom-Patient:innen
Die Mehrheit der Sarkom-Patient:innen benötigt nach Therapieende eine stationäre Rehabilitation. Diese dient dazu, die eingeschränkte Funktion der erkrankten Bereiche wieder nachhaltig herzustellen. Nach der Reha ist eine ambulante Physiotherapie angezeigt.
Um ein mögliches Rezidiv – also ein Wiederauftreten des Tumors – frühzeitig zu erkennen, finden regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen der Patient:innen statt.