Hyperhidrose ("Schwitzer"-Erkrankung)
Hyperhidrose ist eine Erkrankung, bei der die Betroffenen übermäßig und scheinbar grundlos schwitzen. Anders als beim gesunden Schwitzen tritt der Schweiß nicht nur bei hohen Temperaturen, Fieber, körperlicher Anstrengung und starkem Stress auf, sondern auch bei Kälte und in Ruhe.
In der thoraxchirurgischen Abteilung des RBK Lungenzentrums Stuttgart am Robert Bosch Krankenhaus können wir Menschen, bei denen konservative Behandlungen keine befriedigenden Ergebnisse gebracht haben, mit einer kleinen Operation helfen.
Etwa ein Prozent der Bevölkerung ist von dieser Erkrankung betroffen, die eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellt. Der mehrfach tägliche Kleidungswechsel, die großen Schweißflecken unter den Achseln, das Vermeiden von Körperkontakt, wie zum Beispiel Händeschütteln, und die Schamgefühle machen den Alltag und das soziale Leben schwer.
Schwitzen ist ein natürlicher und lebensnotwendiger Vorgang. Er dient der Temperaturregulierung des Körpers. Gesteuert wird er von unserem sympathischen Nervensystem. Diesen Teil des Nervensystems können wir nicht mit unserem Willen beeinflussen, es agiert autonom. Entsprechend ohnmächtig fühlen sich Menschen, die an Hyperhidrose leiden: Sie sind dem übermäßigen Schwitzen weitgehend hilflos ausgeliefert. In einigen Fällen tritt übermäßiges Schwitzen als Folge einer Infektion oder einer Erkrankung (Diabetes, Schilddrüsenerkrankung) auf. In der Fachsprache wird diese Form „sekundäre Hyperhidrose“ genannt. Sie bessert sich in der Regel, wenn die Grunderkrankung erfolgreich diagnostiziert und behandelt wurde. Die primäre Hyperhidrose hingegen hat keine erkennbaren Auslöser und ihre Ursachen sind leider bis heute nicht bekannt. Heilen lässt sie sich nicht – aber erfolgreich behandeln.
Die Schweißausbrüche treten unvermittelt auf. An welchen Stellen der Schweiß austritt, ist individuell verschieden. Die am häufigsten betroffenen Areale sind die Achseln und die Hände. Aber auch am Kopf, im Gesicht, am Rücken oder an den Füßen kann es zu vermehrtem Schwitzen kommen.
Untersuchungen bei einer Hyperhidrose
Die Angaben der Betroffenen sowie ihr Erscheinungsbild (erkennbares dauerhaftes Schwitzen) sind die Basis der Diagnosestellung. Internistische Grunderkrankungen wie Diabetes oder andere, zum Beispiel endokrinologische Erkrankungen, sollten vor einer Therapie ausgeschlossen werden. Auch eine dermatologische Abklärung mit Durchführung eines Schweißtests sollte erfolgen.
Behandlung einer Hyperhidrose
- Dermatologische Behandlung mit Salben, Sprays oder Puder, um die Schweißdrüsen auszutrocknen: Sie kann die Symptome lindern, aber nicht zum Verschwinden bringen.
- Iontophorese (elektrische Stimulation): Die Schweißbildung an Händen und Füßen kann durch regelmäßige Gleichstrombäder – Iontophorese – reduziert werden.
- Medikamentöse Behandlung ist möglich, aber oft wenig wirksam und/oder nebenwirkungsreich.
- Botox-Injektionen: Mit dem Nervengift Botulinumtoxin lässt sich die Kommunikation zwischen Nervenenden und Schweißdrüsen blockieren. Innerhalb weniger Monate baut der Körper den Stoff wieder ab und die Schweißdrüsen werden wieder aktiv. Für ein anhaltendes Ergebnis muss die Therapie daher in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.
Verschaffen die konservativen Maßnahmen keine oder kaum Besserung, können wir in der Abteilung für Thoraxchirurgie die Betroffenen mit einem speziellen operativen Verfahren helfen, der endoskopischen transthorakalen Sympathikusblockade. Dabei durchtrennen wir gezielt jene Nervenstränge des sympathischen Nervensystems an der Wirbelsäule, die das von der Krankheit betroffene Gebiet versorgen. Bei starker Schweißbildung an Armen und Händen erfolgt der Eingriff etwa am zweiten bis vierten Rippenköpfchen, für die Achselhöhle etwa am zweiten und dritten.
Für den minimalinvasiven und videoassistierten Eingriff (VATS) werden kleine Schnitte an beiden Seiten des Brustkorbs an sichtbaren Stellen gesetzt. Dank der Schlüssellochchirurgie bleiben kaum sichtbare Narben zurück. Der Erfolg ist sofort nach der Operation spürbar und sehr gut bei Hyperhidrose der Hände, gut bei starkem Schwitzen der Achselhöhle. Der Eingriff wird in der Regel gut vertragen, in seltenen Fällen kann es aber zu Komplikationen kommen. Zum Beispiel zu einem vermehrten, oft vorübergehenden Schwitzen an anderen Köperarealen (Rumpf, Füße). Wie vor jeder Operation sollte daher das Für und Wider genau überlegt werden.