Zum Hauptinhalt springen

Ernährungstherapie und Behandlung einer Mangelernährung

Ungewollte Gewichtsabnahme und Mangelernährung treten bei vielen Patientinnen und Patienten im Zuge einer Erkrankung auf.

Die Gründe für den Verlust an Körpergewicht und die Mangelernährung sind einerseits in einer krankheitsbedingten verminderten oder einseitigen Nahrungszufuhr zu finden. Andererseits ist beispielsweise bei Tumorerkrankungen oder entzündlichen Erkrankungen der Energieverbrauch erhöht. Speziell ältere Menschen sind zusätzlich aufgrund des Alterungsprozesses gefährdet, eine Mangelernährung zu entwickeln.

Ein unzureichender Ernährungszustand kann sich überaus ungünstig auf den Krankheitsverlauf auswirken. Deshalb sind das frühzeitige Erkennen eines Mangelernährungsrisikos und eine gezielte Ernährungstherapie essentiell.

Daher betreut das Ernährungs- und Diabetesteam der Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Patientinnen und Patienten mit Mangelernährungszuständen während ihres stationären Klinikaufenthalts am Robert Bosch Krankenhaus.

Mangelernährung und Tumorkachexie

Bei bösartigen Tumoren kommt es häufig zu einem Abbau von Fett- und Muskelmasse und damit verbunden zum Verlust an Körpergewicht, was medizinisch Tumorkachexie genannt wird. An ihrer Entstehung sind mehrere Faktoren beteiligt. Zum einen lösen bösartige Tumore chronische Entzündungen aus, die zur vermehrten Ausschüttung von sogenannten Zytokinen führen. Diese Botenstoffe des Immunsystems beeinflussen den Hormon- und Stoffwechselhaushalt dahingehend, dass trotz zunehmenden Verlusts an Fett- und Muskelmasse appetitsteigernde Effekte und Hungergefühle ausbleiben. Zudem fördern Zytokine den Abbau der Muskulatur: Eiweiße werden zersetzt und der Aufbau neuer Eiweiße ist verlangsamt. Zum anderen können Tumorpatient:innen oft nur schlecht essen und Verwertung sowie Resorption von Nährstoffen im Magen-Darmtrakt sind gestört.

Ist der kachektische Zustand sehr ausgeprägt, erhalten die Patient:innen appetitsteigernde Mittel sowie Hemmstoffe der Zytokine, nicht-steroidale antientzündliche Wirkstoffe, Aminosäuren und Thalidomid.

Gravierende Folgen

Mangelernährung wirkt sich ungünstig auf körperliche Leistungsfähigkeit und Krankheitsverlauf aus.

Mangelernährung und Tumorkachexie können schwere Folgen haben, die weit über die Einschränkung der Lebensqualität und körperlichen Leistungsfähigkeit hinausgehen. So beeinträchtigt der schlechte Ernährungszustand und Nährstoffmangel die Immunfunktionen. Das macht die Betroffenen anfälliger gegenüber infektiösen Erkrankungen und Wundheilungsstörungen. Zudem erhöht sich die Komplikationsrate. Das alles wirkt sich massiv auf Prognose, Krankenhausverweildauer und Rekonvaleszenz aus. Entsprechend gehen Expert:innen inzwischen davon aus, dass die Ernährungsproblematik auch die Lebenserwartung herabsetzt.

Team der Ernährungsmedizin

Ihr Ansprechpartner bei Ernährungsproblemen.

Die vorangegangen Zeilen zeigen: Eine frühzeitige Erkennung eines Mangelernährungsrisikos und Einleitung einer adäquaten Ernährungstherapie ist zentral wichtig. Deshalb kümmert sich das Team der Ernährungsmedizin am Robert Bosch Krankenhaus umfassend darum. Zum Team gehören Mediziner:innen, Diät- und Diabetesassistent:innen sowie Ernährungswissenschaftler:innen. Das Team betreut Sie gemeinsam mit den Ärzt:innen und Pflegenden der behandelnden Fachabteilung, wenn Sie ungewollt Gewicht abgenommen haben oder Ihren benötigten Energie- und Nährstoffbedarf nicht über die normale Ernährung aufnehmen können. Das Team der Ernährungsmedizin ist Ihr Ansprechpartner für eine individuell auf Sie abgestimmte optimale Versorgung.

Möglichkeiten der Beratung und Therapie

Bei einem Mangelernährungsrisiko bewerten wir zunächst ganz genau Ihren aktuellen Ernährungszustand. Anschließend daran werden in fachübergreifender Zusammenarbeit die geeigneten Maßnahmen für Sie erarbeitet.

Dazu gehört eine individuelle Ernährungsberatung zur hochkalorischen und eiweißreichen Lebensmittelauswahl. Durch spezielle nährstoffangereicherte, energiedichte Gerichte und Zwischenmahlzeiten wie Shakes oder Fingerfood gleichen wir Ihren Nährstoffmangel aus und erhöhen die tägliche Energiezufuhr.

Unsere Empfehlungen helfen Ihnen auch nach Ihrem Klinikaufenthalt, Ihr Gewicht zu stabilisieren und Ihren Gesundheitszustand zu stärken.

Lässt sich die Nährstoff- und Kalorienzufuhr nicht durch die aktuelle Nahrungsaufnahme allein absichern, erhalten Sie spezielle Trinknahrung.

Mitunter kann auch die Gabe einer künstlichen Ernährung über eine Sonde in den Magen beziehungsweise Darm (enterale Ernährung) oder direkt ins Blut (parenterale Ernährung) erforderlich sein. Dies kann ergänzend oder alternativ zur normalen Ernährung erfolgen. Die Maßnahmen dazu passen wir individuell auf Ihre Bedürfnisse an und besprechen sie ausführlich mit Ihnen.

Hier ein paar generelle Tipps vorweg.

Wenn Sie krankheitsbedingt keinen Appetit haben und demzufolge weniger essen, kann es passieren, dass Sie an Körpergewicht verlieren. Allein durch eine veränderte Auswahl und Zufuhr der Nahrungsmittel können Sie dagegen trotz gleichbleibender Nahrungsmenge vorgehen.

  • Essen Sie zusätzlich zu Ihren Hauptmahlzeiten mehrmals täglich Snacks wie beispielsweise Nüsse, Trockenobst, Sahnejoghurt, Kräcker oder Kuchen.
  • Bevorzugen Sie kalorienreiche Getränke wie Obstsäfte, Malzbier, Milch-Mix-Getränke und Softgetränke.
  • Tauschen oder ergänzen Sie beim Kochen energieärmere durch energiereichere Zutaten: beispielsweise Speisen mit Sahne oder Crème fraîche verfeinern und vollfette Milchprodukte bevorzugen.
  • Verwenden Sie hochwertige Speiseöle wie Rapsöl, Olivenöl und Leinöl.

Bei einem ungewollten Gewichtsverlust kann es auch hilfreich sein, die herkömmlichen Nahrungsfette durch so genannte MCT-Fette zu ersetzen. MCT steht kurz für middle chain triglycerids, zu Deutsch mittelkettige Fette. Diese Fette müssen anders als die üblichen langkettigen Fette nicht erst durch das Enzym Lipase aufgeschlossen werden, sondern gelangen direkt über den Dünndarm in das Blut.

MCT-Fette sind als spezielle Streichfette und Speiseöle sowie in verarbeitetem Zustand etwa als Brotaufstriche im Handel erhältlich. Sie sollten erst nach dem Kochen in die Speisen gegeben werden, da sie bei Hitze zerfallen. Bauen Sie die MCT-Fette nach und nach in Ihre Ernährung ein: Steigern Sie die Tagesmenge langsam von zunächst rund zwanzig Gramm auf etwa sechzig Gramm. Und noch ein Tipp: Wärmen Sie Speisen mit MCT-Fetten nicht wieder auf. Denn das kann den Gerichten einen bitteren Geschmack verleihen.

Bei einigen Erkrankungen kann sich der Eiweißbedarf erhöhen. Wählen Sie dann gezielt eiweißreiche Lebensmittel aus.

Dazu gehören unabhängig von der Tierart fettarme Fleischteile. Auch gekochter oder geräucherter Schinken hat einen höheren Eiweißgehalt als die meisten anderen Wurstsorten. Integrieren Sie in Ihren Speiseplan zudem reichlich Fisch und Fischwaren, am besten gebraten oder gedämpft sowie Eier – ob gekocht, als Rühr- oder Spiegelei. Milchprodukte sind ebenso eine gute Eiweißquelle; besonders eiweißreich sind Quark, Hütten- und Hartkäse. Weitere empfehlenswerte gesunde Eiweißlieferanten sind Vollkorngetreide, Nüsse, Hülsenfrüchte und Sojaprodukte. Prof. Dr. Jörg Albert

Durch Trinknahrung können Sie Ihre Ernährungssituation ebenfalls verbessern. Beginnen Sie mit einer Flasche davon schluckweise über den Tag verteilt. Bei guter Verträglichkeit können Sie die Menge steigern. Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Probieren Sie daher unterschiedliche Geschmacksrichtungen, Hersteller und Zusammensetzungen von Trinknahrung aus. Sie können sie auch in Speisen integrieren; etwa in Müsli einrühren oder über Desserts geben.

Ausgezeichnet

Für das Initiativprojekt zur Einführung eines klinischen Ernährungsteams zur optimalen Versorgung und Prävention von Patienten mit Mangelernährung sind wir ausgezeichnet worden.

Ihre Ansprechpersonen

Teamleiterin Diabetes- und Ernährungsmanagement

Patricia Silberhorn

  • Gesundheitsförderung M.Sc.
  • Clinical Nutrition/Ernährungsmanagement B.Sc.
  • Diabetesassistentin DDG
  • Diätassistentin
Diabetes- und Ernährungsmanagement

Michaela Mühle

  • Diabetesberaterin DDG
  • Ernährungsberaterin DGE
  • VDD-Zertifikat: Enterale und parenterale Ernährungstherapie
  • VDD-Zertifikat: Nephrologische Ernährungstherapie
  • Diätassistentin